Im Jahr 1912 vom Architekten Friedrich Felder geplant und erbaut, gehörte das Haus an der Tödistrasse 4 zu den ersten Gebäuden des Blockrandes zwischen Tödi-, Bleicher-, Bundes- und Himmelrichstrasse. Während sich die Umgebung rund um die drei zusammen erbauten Baukörper bis ins Jahr 1927 noch mehrheitlich grün zeigte, sind die Gebäude heute Teil eines polygonalen, zusammengewachsenen Blockrandes mitten im Stadtzentrum von Luzern.
Strassenseitig erscheint das Haus mit einem zeittypisch repräsentativ gestalteten Sockelgeschoss, 4 Regelgeschossen und der Mansarde in einem strengen Fassadenraster, das durch die asymmetrische Position des Erkers aufgebrochen wird. Farblich war die bauzeitliche Gestaltung zurückhaltend, kontrastarm und harmonisch – die Gliederung der Fassade sollte durch die unterschiedlichen Oberflächenstrukturen der einzelnen Bauteile zustande kommen.
Seit der Erstellung beinhaltete das Gebäude zwölf Wohneinheiten, einen Wäscheraum im Estrichgeschoss sowie einer Dachterrasse zur Wäschetrocknung.
Aufgrund der gut erhaltenen Grundstruktur des Hauses sowie dem baukulturellen Wert der Wirkung als einheitliche Gebäudegruppe ist das Objekt im Bauinventar als «erhaltenswert» eingestuft.
Die Qualität des Bestandes findet sich vorallem in den klug organisierten, für die Epoche der «Gründerzeit» charakteristischen Grundrisse mit Mittelkorridor und fassadenseitig angeordneten Hauptnutzräumen. Im Haus an der Tödistrasse 4 waren zudem das Treppenhaus mit den Wohnungstüren sowie die Treppenhausfenster aus der Erstellungszeit sehr gut erhalten.
Das Haus erlebte in den letzten 100 Jahren diverse Umbauten und Veränderungen. 2020 bestand wieder Handlungsbedarf, um das Gebäude in eine weitere Nutzungsphase überzuführen. Die Eigentümerschaft beauftragte bhp Baumanagement mit der Gesamtsanierung. Nach der Baueingabe 2021 übernahm Philipp Betschart Architektur GmbH die Ausschreibungs- und Ausführungsplanung und begleitete den Projektprozess bis zum Schluss.
Das erklärte Ziel der getätigten Eingriffe war es, die ursprünglichen Qualitäten des Bestandes wieder sichtbar zu machen und dessen Charakter zu erhalten.
Dies bedeutete eine detaillierte Recherche bezüglich der verwendeten Materialien und Farben sowie ein feinfühliger Umgang mit der bestehenden Raumstruktur.
So konnte anhand historischer Fassadenaufnahmen die charakteristische Fenstereinteilung der 1910er Jahre eruiert und mit den neuen Fenstern wieder hergestellt werden.
Auch die bestehenden Innenverkleidungen aus Holz blieben erhalten. Nach Demontage, Restaurierung, Ausdämmung und Wiedermontage erscheint es in neuer Frische und sorgt für den gewohnten, wärmenden Komfort.
Die Restauration des Treppenhauses mit seinen ursprünglichen, geprägten Tapeten und den originalen Wohnungstüren war ein wichtiger Bestandteil zur Erhaltung des historischen Charakters. Wo möglich wurden die Tapeten restauriert. Wo nötig brachte man neue Rupfentapeten an, um das Gesamtbild zu vereinheitlichen.
Die maserierten Wohnungseingangstüren konnten sicherheits- und brandtechnisch erneuert und damit in ihrem Ausdruck erhalten bleiben.
Die Grundrisse der Mietwohnungen sollten an die heutigen Komfort-Ansprüche angepasst werden, ohne die historisch typische Grundstruktur zu verletzen.
Mittels clever platzierten neuen Steigzonen für die erhöhten haustechnischen Anforderungen und der räumlichen Klärung der schmalen ehemaligen Küche konnte die effizient organisierte Raumstruktur mit wenigen, aber präzisen Eingriffen gestärkt werden.
Die Nutzungsflexibilität bleibt durch die gut proportionierten Räume erhalten und die Verbindungstüren tragen durch die räumliche Staffelung zu einer grosszügigen Raumwirkung bei.
Als Inspiration für das Materialkonzept der Mietwohnungen dienten Materialfunde in der Erdgeschosswohnung, die noch aus der Erstellungszeit stammen: gemusterte Keramikfliesen in einer Nasszelle sowie Fischgratparkett in einem der Zimmer. So findet sich in den renovierten Räumen und neuen Nasszellen eine direkte Materialreferenz zum Bestand.
Um den heutigen Komfortansprüchen gerecht zu werden, erhielten alle Räume neue Bodenaufbauten, wodurch der Trittschall verbessert und die Elektro- und Heizungsinstallationen erneuert werden konnten. Als weitere gestalterische Verbindung zum Bestand referiert das Farbkonzept der Mietwohnungen auf die petrol-farbigen Treppenhaustapete und bringt diese Farbstimmung in die Küchen und Nasszellen hinein.
Sämtliche Wohnungen sind durch den im Innenhof ergänzten Liftturm neu rollstuhlgänglich erschlossen. Der mit Beton-Gesimsen ausformulierte Turm bildet mit den vergrösserten Balkonen eine gestalterische Einheit und nimmt damit Bezug zu dem mit Balkonen flankierten Erker auf der Strassenseite.
Die obersten zwei Geschosse an der Tödistrasse 4 wurden zusammen mit der Dachterrasse zu einer privaten Wohneinheit verbunden.
Dieses Penthouse hebt sich, gestalterisch und mit dem erhöhten Ausbaustandard, von den Mietwohnungen ab.
Annehmlichkeiten wie die Steuerung von Fenstern, Licht und Lift sind ebenso Teil des gewünschten Komforts wie ein Cheminée im Wohnzimmer und eine Aussenküche auf dem Dach.
Der Grundriss wird im 5. Obergeschoss mit einigen präzisen Eingriffen aufgebrochen und ermöglicht dadurch den hindernisfreien Zugang vom Liftturm sowie grosszügigere Nasszellen, ohne die Grundstruktur des Gebäudes zu verunklären. Der ehemalige Estrich, welcher als Teil des Penthouse ausgebaut wurde, schafft eine neue Raumwahrnehmung über die gesamte Gebäudelänge.
Die Raumstimmung ist in beiden Geschossen geprägt von hochwertigen Materialien für sämtliche Oberflächen und dem warmen Charakter des Holzes - welches beim Boden, der möbelartigen Holztreppe sowie auch in der Deckenkonstruktion in Erscheinung tritt.